Montag, 14. April 2008

Fehlkonstruktion

Der Bach floß außerordentlich zäh, irgendwo in der Konstruktion war ein Fehler verborgen. Ich hatte inzwischen etwa fünf Monate auf der Insel verbracht und die Wasserversorgung als Problem immer vor mir hergeschoben. Später hatte ich eine Möglichkeit gefunden, besonders geschickt war sie nicht. Da niemand bei mir war, fehlte mir ein fachlicher Rat, das war mir beim Bau der Hütte schon auf die Füße gefallen. Aber es gab hier weit und breit keinen Menschen, das hatte ich schon nach fünf Tagen herausbekommen. Ich war auf dieser Insel die Einzige und der Einzige. Glücklicherweise war mein Hund bei mir, der in mancherlei Dingen hilfreich war, auch sprach ich abends den Tag mit ihm durch, nur was technische Fragen betraf, da konnte er mir natürlich wenig helfen. Interessanterweise bestätigte sich meine These, daß verschüttete Fähigkeiten bei Notwendigkeit zum Alleinleben alsbald zum Vorschein kamen. Jeder Mensch ließ bestimmte Sachen während einer Beziehung verkommen bis zum völligen Vergessen. Damals hatte Anton schließlich das Bohren aller Löcher übernommen, was auch an mir nicht spurlos vorüberging. Seit ich auf der Insel war, kultivierte ich nun wieder entsprechende Seiten und hatte manchen schönen Erfolg vorzuweisen. Hier bei der Wasserversorgung scheiterte ich jedoch ein erstes Mal, vielleicht war ich auch zu streng mit mir selbst und hätte die Tatsache, daß immerhin etwas Wasser floß, durchaus zum Erfolg stilisieren können. Ich war jedoch eher deprimiert und bemerkte ein erstes Mal das Fehlen einer kompetenten Person.
Das Problem beschäftigte mich noch einige Zeit, dann vergaß ich es
fast bis zu jenem Tag, als sich in der Ferne ein Schiff zeigte, oder war es ein Boot? Jedenfalls kam es überraschend schnell näher und bald schon merkte ich, daß es zielgerichtet auf die Insel zusteuerte.
Ich rannte zurück, holte das Fernglas und erschrak: ein Mann saß in dem Boot (welches durchaus ein Schiff sein konnte), er hielt Kurs auf meinen Platz.
Ich war gespalten zwischen dem Wunsch, durch fachmännischen Rat endlich die Wasserfrage zu lösen und andererseits fühlte ich mich in unredlicher Weise bedrängt. Ich hatte niemand gebeten, niemand gerufen und war nicht bereit, meine Freiheit gegen ein allseits bekanntes Beziehungsstück zwischen Sex und Streit einzutauschen.
Warum wohl war ich mit dem Notwendigsten von dem Reisedampfer gesprungen, der Anton und mich nebst hunderten Mittelstandsbürgern nach Afrika bringen sollte, warum hatte ich auf Geldkarte und Katalog, nicht zuletzt auf meine schöne Stelle in einem sozialpsycholgischen Projekt verzichtet. Ich konnte mir das Ganze doch nicht einfach kaputt machen lassen durch einen solchen Eindringling, der mich schon jetzt aus dieser Entfernung beschäftigte, wie er mich später beschäftigen würde, schlaflose Nächte, Warten, mißverstandene Blicke... nein, da war ich mir ganz sicher: nie mehr Cremes mit Collagen, ich wollte essen, solange es mir Spaß macht, ich spannte die Sehne und verfolgte den Pfeil, bis er den Ruderer mitten ins Herz traf. Ich brauchte gewiß bald neue Pfeile, denn schließlich war das sicher nicht der letzte Versuch. Die Sache mit dem Wasser würde ich nochmals überarbeiten müssen

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